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Depressionen bei Multipler Sklerose

Kolumne von Juli

Vielleicht hast du schon davon gehört, dass die Wahrscheinlichkeit, neben der Multiplen Sklerose eine Depression zu bekommen, gar nicht so gering ist. Hi, ich bin Juli, 46 Jahre alt und habe seit 2015 die Diagnose Multiple Sklerose und Depressionen.

 

Die Diagnose MS
Eigentlich fing eineinhalb Jahre vor der Diagnosestellung mein Leben mit der Krankheit MS an. Für zwei Wochen litt ich an einer Sehstörung. Ich sah Doppelbilder und gab meiner Brille damals die Schuld. Natürlich ging ich damit nicht zum Arzt. Zum Jahresende dann spürte ich plötzlich meinen Arm nicht mehr – die Finger waren taub und endlich entschied ich mich, einen Neurologen aufzusuchen. Der schickte mich ins MRT, machte eine Lumbalpunktion und verkündete dann sein Ergebnis…MS.
Nach meiner Diagnose, die mir bescheinigte, fortan mit einer chronischen Erkrankung leben zu müssen, kamen selbstverständlich Ängste in mir auf. Leider beging ich den für mich – im Nachhinein betrachtet – größten Fehler, nämlich, zu versuchen, die Ängste zu verdrängen, statt sie zu verarbeiten.

 

Die Anzeichen meiner Depression
Mit der Zeit ließ meine Konzentration rapide nach, ich spürte Antriebslosigkeit, entwickelte Empfindungs- und Wortfindungsstörungen. Und mit dem Verlust dieser kognitiven Fähigkeiten begannen Episoden seelischer Tiefpunkte und trauriger Momente. 
In den vergangenen Jahren habe ich häufig meine Arbeitgeber gewechselt, weil ich dachte, dass die plötzliche Erschöpfung und Antriebslosigkeit, auch mein Pessimismus auf die Jobs zurückzuführen waren. Es war mir alles zu viel. Ich fühlte mich überflüssig, weinte viel und fühlte nichts mehr. Ich zog mich zurück und hatte weder das Interesse noch die Kraft, mein soziales Leben aufrechtzuhalten. Essen gehen und das Besteck nicht halten können? Eine Katastrophe. Gesprächen folgen und dabei konzentriert bleiben? Keine Chance. Und das Aufraffen…. Ich war schließlich mit allem überfordert. Einen strukturierten Alltag hatte ich nicht mehr. Ich brauchte Stunden, ehe ich es schaffte, meiner Körperhygiene nachzukommen oder mich anzuziehen. Schlafstörungen und Rastlosigkeit begleiteten mich außerdem. Arbeiten war nicht mehr möglich.
 

Endlich Akzeptanz und Therapie
Meinem Hausarzt und Neurologen habe ich die Veränderungen nie geschildert, sondern stattdessen alles überspielt. Ich habe doch keine Depression! Es geht mir gut. Ein Satz, den ich mir selbst einredete, denn andere Menschen sind schließlich auch mal müde und antriebslos…
Nachdem ich vor einem Jahr bei meinem Hausarzt saß und nichts als weinen konnte, wurde ich in die psychosomatische Klinik überwiesen, in der ich für einige Wochen zur Ruhe kommen konnte. Ich wurde medizinisch eingestellt und bekomme Präparate, die ganz gut auf mich zugeschnitten sind. Es gab viele Sportkurse, Autogenes Training, auch Angebote zum Werken und Basteln und noch so viel mehr. Aufgrund der angespannten Coronasituation, die das Zusammentreffen mit vielen anderen im Raum schwierig machte, ging ich täglich auf lange Spaziergänge. Diese Zeit tat mir sehr gut und ich wünschte, ich hätte früher erkannt, dass ich mir Hilfe holen muss. 
Mein Fazit ist, dass es eine schlechte Entscheidung war, meinen Fachärzten gegenüber nicht offen gewesen zu sein. Nach einer Aussprache mit ihnen gelingt die Kommunikation jetzt aber sehr gut. Ich lernte, wichtige Veränderungen aufzuschreiben und bei Arztbesuchen vorzulegen, damit der Austausch authentisch bleibt und die Behandlung weiterhin auf meine Situation abgestimmt und damit wirksam bleibt.
Ich lebe also schon einige Zeit mit Multipler Sklerose und der Depression und hoffe, nun bald eine Psychotherapie beginnen zu können. Gemeinsam mit einem Therapierenden möchte ich Strategien erarbeiten, die mir eine Stütze sein sollen und mir in meinem Alltag helfen können.

 

Mein direktes Umfeld als wichtigster Anker
Die gesamte Reise über werde ich schon von meinem Mann unterstützt, der selbstlos hilft und immer für mich da ist. Ich bin ihm unbeschreiblich dankbar für seine Unermüdlichkeit. Es gibt Dinge, die er zusätzlich zu Hause übernimmt, weil ich sie nicht bewältigen kann.
Meine Freundinnen und Freude vergessen manchmal, dass ich nicht immer so kann, wie vor der Erkrankung. Es ist auch schwierig, denn Depressionen und auch die Multiple Sklerose stehen niemandem auf die Stirn geschrieben. Aber auch sie unterstützen mich, wo sie können, und sind immer für mich da. Dafür bin ich dankbar.
Mein allergrößter Halt kommt von meiner Schwester, die mir durch ihre eigene psychologische Ausbildung oft wertvollen Input geben kann und auch sonst immer zur Seite steht.
Meinen Alltag begleiten unsere beiden Hunde und unsere Katze, die mit ihrer charmanten Art immer bekommen, was sie wollen – Streicheleinheiten und Spaziergänge.
Auf meinem Instagram-Account @nennmichjuli ist jeder herzlich willkommen. Hier geht es nicht ausschließlich um die Erkrankung, aber auch. Denn es ist mir wichtig, anderen, denen es ähnlich geht wie mir, Mut zu machen. Auch mein Alltag ist kunterbunt: Ich mag z. B. Mode und Rezepte - und genau das teile ich auch gern. Von allem ein bisschen. Denn ich bin nicht meine Erkrankung.
Ich bin Juli.
 

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Wer schreibt hier?

Juli erhielt die Diagnose Multiple Sklerose 2015 mit Ende Dreißig. Diese löste bei ihr eine Depression aus, der sie sich viel zu lange nicht stellte. Mittlerweile kann Juli offen damit umgehen und klärt auch andere darüber auf. Ihr Instagram-Profil ist ihre Spielwiese. Hier geht es auch mal um MS und Depression, aber vor allem um Juli – was sie bewegt, was sie mag und liebt und gerne macht: Mode, Rezepte und ganz viel Leben.


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Info-Telefon Depression: 

0800/33 44 533

Mo, Di, Do: 13:00 bis 17:00 Uhr
Mi, Fr: 8:30 bis 12:30 Uhr

Weitere Informationen und Hilfsangebote zum Thema Depression gibt es bei der Deutschen Depressionshilfe.


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