Spastik bei MS
Ich habe schon viele Kolumnen geschrieben und am Rande immer wieder auch über spastische Lähmungen oder Spastik als MS-Symptom gesprochen, aber: Eine eigene Kolumne zu diesem Thema hat bislang noch gefehlt!
Wusstest du, dass 66 bis 84 Prozent der MS-PatientInnen an einer Form der Spastik leiden? Diese führt zu Problemen bei Bewegung, Koordination und dem Gleichgewicht. 17 bis 23 Prozent der MS-PatientInnen leiden an einer schweren Spastik. Meist tritt eine Spastik im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf auf – das muss aber nicht unbedingt der Fall sein. Jeder Muskel kann betroffen sein, in den meisten Fällen sind es die Beine.
Was genau ist eine Spastik?
Das Wort „Spastik“ leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Krampf“. Die damit einhergehende Verhärtung und Steifheit der Muskeln können Bewegungen sowie das Gleichgewicht stark beeinflussen. Zudem können Spastiken mit einem Schweregefühl und Spannungsgefühl einhergehen. Spastische Lähmungen können in unterschiedlichem Schweregrad und Ausmaß auftreten und sind daher immer sehr individuell; von leichter Muskelsteifheit bis hin zur vollständigen Bewegungsunfähigkeit der betroffenen Muskeln.
Worin liegt die Ursache?
Die Ursache einer Spastik ist eine Schädigung im zentralen Nervensystem, also im Gehirn, Rückenmark oder deren Verbindungen. Normalerweise senden diese Nervenbahnen Impulse an die Muskeln, damit wir uns bewegen können. Bei einer Spastik gerät der Muskel jedoch in einen dauerhaften Erregungszustand, der zu Krämpfen führt.
Was können Auslöser sein?
Ähnlich wie beim Uhthoff-Phänomen gibt es eine ganze Reihe von Ursachen, die eine Spastik bei MS auslösen bzw. verstärken können, z.B.
- Schmerzen
- Fieber
- Stress
- Angst
- Kälte
Meine eigene Geschichte zur Spastik
Ich erinnere mich als wäre es erst gestern passiert: Im Dezember 2015 stand ich mit dem Auto im Stau. Ich bekam von jetzt auf gleich Probleme mit meinem linken Bein, die Kupplung durchzutreten und langsam anzufahren. Mein Bein verkrampfte sich und zitterte stark. Als ich das Bein später zu Hause ausstreckte, kehrten diese Symptome (Verkrampfung und Zittern) sofort zurück, gepaart mit Schmerzen... Das war mein zweiter Schub. Mit Kortison wurde es rasch besser. Übrigens: Mein nächstes Auto wurde ein Automatikauto, damit ich auch im Stau wieder ohne Probleme fahren kann.
Im Januar 2019 begannen die gleichen Symptome in meinem rechten Arm. Solche Beschwerden waren und sind bei mir nicht dauerhaft da, sondern ich nehme sie ab und zu wahr. Gerade am Anfang hatte ich mit der Feinmotorik erhebliche Probleme und auch mein Schriftbild ist seitdem nicht mehr so schön wie früher.
Zum Üben für die Feinmotorik stricke oder häkle ich ab und zu und mache mit den Kindern häufig Bügelperlen. Meine Kinder lieben alles, was mit Feinmotorik zu tun hat und ich mache gern mit – so ist es für jeden eine Win-Win-Situation. Im Alltag schränken spastische Lähmungen mich aktuell nicht so sehr ein, aber ich weiß, sie sind da. Wenn eine Spastik doch mal stärker auftritt, helfen mir zum Beispiel die Faszienrolle, Ruhe, Wärme oder Venenspray gegen müde Beine ganz gut. Probiere dich einfach aus und spüre, was dir guttut.
Wie behandelt man eine Spastik?
Wenn du ein Schweregefühl in den Muskeln verspürst oder hin und wieder ein Zittern bemerkst, ist es sehr wichtig, mit deinem Neurologen darüber zu sprechen. Es gibt zum Glück einige Dinge, die zur Besserung beitragen können und dabei helfen, dass sich die Spastik nicht zu sehr ausprägt. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit von Physio- oder Ergotherapie, die auf Behandlungen von Spastiken spezialisiert sind. Wenn du mehr über individuell angepasste Trainingspläne in der Physiotherapie oder über die Arbeit einer Ergotherapeutin erfahren möchtest, hör doch mal in den MS-Podcast rein – dort gibt es bereits spannende Folgen darüber. Mittlerweile gibt es auch eine Menge an medikamentösen Behandlungen, wie Antispastika sowie cannabinoidhaltige Arzneimittel (z.B. Spray für die Mundhöhle).
Es gibt bei schweren Spastiken auch die Möglichkeit sich Botulinum-Toxin, bekannt als Botox, als Injektion von einem Arzt spritzen zu lassen. Hierzu möchte ich gern etwas mehr erzählen, da ich bereits bei einigen Injektionsgaben assistiert habe. Botox ist ein häufig eingesetztes Medikament bei Erkrankungen, die eine erhöhte oder auch ferngesteuerte Muskelaktivität aufweisen. Neben MS ist das z.B. auch nach Schlaganfällen der Fall. Der Arzt spritzt das Botox direkt in den von der Spastik betroffenen Muskel. Dies bewirkt eine Muskelentspannung. Es dauert rund 14 Tage bis die volle Wirkung im Körper eintritt und hält bis zu drei Monate an. Nach drei Monaten darf man das ganze wiederholen. Die Patienten, die ich getroffen habe, berichten von guten Ergebnissen und weniger Schmerzen in den betroffenen Extremitäten. Die Behandlung wird von der Krankenkasse bezahlt und es fallen keine zusätzlichen Kosten für dich an. Wenn dich das interessieren sollte, sprich gerne mit dem Neurologen deines Vertrauens darüber.
Abschließend möchte ich dir mitgeben: Spüre genau in dich hinein. Spiele Beschwerden oder Symptome nicht herunter. Manchmal verbirgt sich doch etwas mehr dahinter.
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