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MS-Kolumne

Multiple Sklerose und Sport

Nadines Kolumne

Wusstet ihr, dass man früher Multiple Sklerose Patienten dazu geraten, keinen Sport zu betreiben, um die Krankheit nicht zu verschlechtern? Es wurde angenommen, dass Anstrengung (Sport) Schübe auslösen könnte. Heute wissen wir, dass dies nicht stimmt. Sport (in Maßen) ist gut für Körper und Seele. Bewegung und Sport haben sogar tatsächlich einen positiven Effekt auf die MS, dies belegen mittlerweile ebenfalls zahlreiche Studien. Es wird sogar vermutet, dass durch Bewegung entzündungshemmende Stoffe gebildet werden.

 

Eigentlich müsst ihr nicht viel beachten, außer euch eine Sportart auszusuchen, die erst mal nicht zu anstrengend ist und euch vor allem Spaß macht. Der „Spaß-Faktor“ spielt eine sehr wichtige Rolle, denn wenn du ihn vernachlässigst und nur „funktionierst“, dann kannst du ganz schnell die Lust verlieren, was dazu führt, dass du früher oder später aufgibst. Empfohlen wird von Experten ein guter Mix aus Ausdauer- und Krafttraining, wie beispielsweise Fahrradfahren, Walken oder Schwimmen. Dank der Bewegung verbessert ihr eure Kondition und die Fähigkeit zu gehen. Klingt für gesunde Menschen banal, ist aber für uns MSler sehr wichtig. Einer Muskelschwäche wird vorgebeugt und gleichzeitig wird neue Muskelkraft aufgebaut.

 

Ich persönlich habe schon immer gerne Sport betrieben – schon lange vor meiner Diagnose. Als Kind habe ich Ballett gemacht, hatte Reitstunden, spielte Handball und Fußball und war sogar eine ganze Zeit lang in einem Box-Club aktiv. Tatsächlich habe ich aber nie gegen andere geboxt, das war einfach nichts für mich. Wettkämpfe und Pokale, das war mir egal, aber das Training hatte es voll in sich! Das hat mir gefallen, denn ich bin schon immer gerne an meine körperlichen Grenzen gestoßen. Als ich dann meine Ausbildung zur Krankenschwester begann, war es mir dank des Schichtdienstes leider nicht mehr möglich Sport in einem Verein, also zu festen Zeiten, zu betreiben. Nach der Arbeit war ich häufig ziemlich kaputt und hätte wohl meinen „Schweinehund“ sowieso nicht besiegen können. Später habe ich dann, gemeinsam mit meinem Mann, das Fahrradfahren sowie das Laufen und Wandern für mich entdeckt. Ich bin einfach gerne draußen und verbinde hier das Schöne mit dem Nützlichen.

 

Als ich Ende 2015 einen MS-Schub erlitt, der mein linkes Bein beeinträchtigte, wollte ich unbedingt aktiv etwas dagegen tun. Ich habe mich im Internet über spezielle Krafttrainings für die Beine informiert und mich langsam ausprobiert. Anfangs hatte ich dabei noch einige Probleme. Sobald ich mit den Übungen begann, merkte ich, wie mein Bein anfing zu zittern – bis hin zur Spastik. Für alle, die so etwas noch nie hatten: Ich kann euch sagen, das tut ziemlich weh! Zusätzlich ärgerte ich mich. Dementsprechend war meine Motivation groß, wie ihr euch vorstellen könnt – ich wollte es unbedingt schaffen. Und siehe da: Ich konnte schnell kleine Erfolge sehen. Das motivierte mich noch einmal mehr, stetig weiter zu machen und am Ball zu bleiben. Neun Monate später waren wir dann sogar wandern in den Alpen. Dort merkte ich mein Bein hin und wieder, was aber völlig in Ordnung war. Ja, sogar heute gibt es Tage, an denen ich merke, dass mein Bein nicht in Ordnung ist. Kurz nach dem Wanderurlaub bin ich schwanger geworden mit Emil. Heute ist mein Kleiner schon drei Jahre alt – die Zeit verfliegt. Wenn ich so daran zurückdenke, war es keine schöne Schwangerschaft. Ich habe wohl so ziemlich alles an Komplikationen mitgenommen, was so geht. Auch, wenn dies nichts mit meiner MS zu tun hatte. Ich musste die ganze Schwangerschaft über liegen – sowohl zu Hause als auch in der Klinik. Die Zeit kann sehr langatmig sein. Da war rein gar nichts mit Sport und Bewegung. Und ich muss echt sagen: Das hat mir wahnsinnig gefehlt – alleine für die Seele! Da ich noch einen medizinisch-notwendigen Kaiserschnitt bekam, musste ich auch nach der Schwangerschaft noch mal etwas länger mit dem Sport warten, als das normalerweise der Fall ist. Das hat mich verrückt gemacht, ich sag‘s euch. Auch, wenn ich natürlich von meinem kleinen Wunder gut abgelenkt wurde! :-)

 

Als Emil drei Monate alt war, begannen wir „Yoga mit Baby“. Hier durfte ich Yoga kennen und lieben lernen. Wir besuchten auch noch einen Kurs „Fit mit Kind“, das machte mir ebenfalls viel Spaß. Ein positiver Nebeneffekt: Ich lernte dabei andere Mamas kennen. Anfangs kann der Tag mit Baby sehr lang und irgendwie „einsam“ sein. Da tut ein wenig Abwechslung im Kreise Gleichgesinnter gut – das kann ich jedem nur empfehlen. Kurz nach Emils erstem Geburtstag sind wir sogar auch wieder wandern gegangen, im Allgäu. Und wer hätte das gedacht: Wandern mit Kind hat prima funktioniert. Wanderschuhe an, Emil in der Trage eingepackt und los ging’s. Wer mich kennt, weiß, dass Schwangerschaft Nr. 2 nicht lange auf sich warten ließ. Während dieser trieb ich aus Angst vor möglichen Komplikationen keinen Sport. Die Angst, monatelang liegen zu müssen, falls ich es irgendwie übertreiben sollte, saß mir noch aus meiner ersten Schwangerschaft im Nacken. Ich wollte mein Glück einfach nicht herausfordern. Spazieren ja, alles andere nein. War auch okay.

 

Da ich jetzt zwei Kinder zu Hause habe, ist es auch aktuell nicht so einfach, einen „Mama-Sportkurs“ zu besuchen. Dennoch möchte ich bewusst etwas für mich tun. Für mich entdeckt, habe ich praktische Home-Workouts, wie der ein oder andere vielleicht schon auf meinem Social-Media-Kanal gesehen hat. Kurz und knackig müssen sie sein, eine Dauer von 15-20 Minuten ist perfekt. Theo findet es immer sehr lustig, wenn Mama im Wohnzimmer herum hüpft und Emil macht gerne mit. Falls Theo nicht so gut drauf sein sollte, dann warte ich bis er schläft. Was mich motiviert? Zum einen Emil, der mich dauernd fragt, ob wir Sport machen – ja, wirklich! Kleine Sportskanone J. Und zum anderen, merke ich ganz bewusst, wie gut es mir tut. Das ist schon Grund genug meinen inneren „Schweinehund“, sollte er mal vorbei schauen, zu überwinden. Selbst, wenn die Nacht schlecht war und ich wirklich müde bin, so fühle ich mich anschließend immer fitter und stärker. Das motiviert enorm. Ich kann auch aus Erfahrung wirklich sagen: Wenn ich sportlich aktiver bin, bin ich gleichzeitig weniger müde. Darauf weisen mittlerweile auch einige wissenschaftliche Untersuchungen hin. Sport hilft gegen Fatigue. Und Sport unterstützt das eigene Wohlbefinden – das merke ich ganz bewusst.

Tatsächlich würde ich dem Yoga zukünftig gerne mehr Zeit widmen, das ist in meinem Alltag mit den Mäusen leider schwer einzubringen. Bisher habe ich es jedenfalls nicht geschafft.

 

Vielleicht liegt das auch daran, dass Emil daran keinen Spaß hat, mit seinen Worten: „Mama, das ist langweilig“. Damit hat sich das Ganze dann erst mal erledigt. Aber das ist auch okay so!

Eine Sache ist für uns sportlich aktive MS-Patienten ganz wichtig: Wir müssen unsere Grenzen kennen. Bei einer Überanstrengung merke ich beispielsweise, wie eben beschrieben, dass mein Bein anfängt zu zittern. Das merke ich auch noch am Tag drauf. Fast alle Betroffenen kennen außerdem das Uhthoff-Phänomen. Dieses ist durch eine entstehende Wärme, beispielsweise aufgrund von anstrengendem Sport, eine vorübergehende Verschlechterung der MS-Symptome. Gerade im Sommer kommt das sehr häufig vor. Es kann jedoch auch durch Baden, heißes Duschen, Fieber und eben beim Sport (Erhöhung der Körpertemperatur) ausgelöst werden. Deshalb empfiehlt es sich, die Belastung beim Sport langsam zu steigern und nicht zu übertreiben. Außerdem wichtig: Keinen Sport in der prallen Mittagssonne oder bei Hitze betreiben! Im Sommer bietet sich dementsprechend besonders gut ein Schwimmtraining an. Sport ist außerdem so wichtig, weil er Endorphine (Glückshormone) frei setzt und so Depressionen vorbeugt. Außerdem kann Sport hilfreich sein - je nach Sportart - unter Menschen zu kommen. Alles in allem kann ich sagen: Sport macht glücklich!

 

Um dich sportlich zu betätigen oder dich einfach ein wenig mehr zu bewegen, brauchst du kein Fitnessstudio! Zurzeit fällt das Fitnessstudio durch Corona sowieso aus (jedenfalls bisher). Auch jetzt, wo die Studios zum Teil wieder öffnen, wäre ich nicht scharf darauf. Ihr habt keine Ideen? Informiert euch doch einmal online. Im Internet gibt es sehr viele kostenlose und wirklich gute Workout- oder Yoga-Videos. Ich sehe mir hin und wieder solche an und merke mir die eine oder andere Übung. Dann stelle ich mir mein eigenes kleines Workout zusammen. Individuell auf meine Bedürfnisse zu geschnitten. Es muss auch kein Workout sein, wenn das nicht das Richtige für euch ist. Schon ein kleiner Spaziergang im Park oder eine kleine Fahrrad-Tour tun dem Körper unglaublich gut. Probiert es doch einfach einmal aus. Ich bin gespannt, was ihr sagt. Viel Spaß!

 


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