Multiple Sklerose und Schwangerschaft – Fragen, Ängste und Vorbehalte
In vielen Köpfen existiert die Vorstellung, dass MS‘ler nicht schwanger werden dürfen. Ich persönlich weiß gar nicht, wie häufig ich schon gefragt wurde, ob ich überhaupt schwanger werden darf. Klar – diese Frage stellte ich mir nach der Diagnose MS anfänglich selbst auch. Meine Ärzte gaben mir glücklicherweise ziemlich schnell Entwarnung: Ja – auch ich als MS-Patient darf schwanger werden und brauche kein schlechtes Gewissen haben, Kinder in die Welt zu setzen! Ich denke das Gerücht „MS & Schwangerschaft – das geht doch nicht“ existiert, da MS-Patienten früher tatsächlich oft geraten wurde, keine Kinder zu bekommen. Warum? Weiß ich ehrlich gesagt selbst nicht so genau. Fest steht: Dieser Ansatz ist völlig veraltet und falsch! Frauen mit MS dürfen schwanger werden, sie können ihr Kind grundsätzlich auf natürliche Art und Weise auf die Welt bringen und nach der Geburt ganz normal stillen. Das hatte ich ja auch bereits in meinem ersten Beitrag zum Thema „Diagnose MS & Kinderwunsch“ klargestellt.
Als ich schwanger wurde, durfte ich mir einiges anhören. Die Mamis mit MS kennen das sicherlich – oder? Auch mir schwirrten anfänglich negative Gedanken durch den Kopf und ich fragte mich manchmal schon selbst: „Bin ich tatsächlich egoistisch weil ich ‚krank‘ Kinder in die Welt setze?“ Mittlerweile kann ich selbstbewusst sagen: Nein, ich bin nicht egoistisch! Ich habe das gleiche Recht wie anderen Frauen auch! Ich bin auch keine bessere oder schlechtere Mama – nur weil ich MS habe. Während der Schwangerschaft mit meinem älteren Sohn, gingen mir solche Fragen noch sehr nah und ich dachte viel darüber nach „was ist wenn?!“. Diese Zweifel machten mich traurig und ich hatte schlicht und ergreifend Angst. In der zweiten Schwangerschaft war mein Selbstvertrauen viel größer, sodass mich jegliche negative Kommentare kalt ließen. Das wünsche ich anderen werdenden Mamis mit MS schon von vorne herein, denn dann können sie ihre Schwangerschaft entspannter angehen und viel mehr genießen. Das ist so wichtig, denn eigentlich sollte diese besondere Zeit einfach schön sein. Lasst euch nicht von negativen Kommentaren herunterziehen. Wir haben schließlich nicht ohne Grund zwei Ohren, wenn ihr wisst, was ich damit sagen will?! ;-)
Allgemein habe ich mich in dieser Hinsicht sehr verändert und mir angewöhnt über schlechte Dinge erst dann nachzudenken, wenn sie tatsächlich eintreffen. Diese sinnlose Grübelei über Dinge, die bestenfalls niemals passieren – das bringt doch nichts, außer schlechte Stimmung. So lebt es sich für mich viel einfacher. Und sind wir mal ehrlich, der Gesunde weiß auch nicht, was die Zukunft für ihn bereithält.
Viele Fragen über die Schwangerschaften erreichen mich nahezu täglich. Da das Thema anscheinend so viele Frauen mit MS beschäftigt, verständlicherweise, und im Internet so viele unterschiedliche Meinungen dazu existieren und Gerüchte kursieren, habe ich dem Thema auch einen ganzen Beitrag gewidmet. Die häufigsten Fragen, die mir immer wieder gestellt werden, betreffen das Thema „MS-Therapie während der Schwangerschaft“.
Mittlerweile gibt es zum Glück Medikamente, mit denen eine Schwangerschaft zugelassen und vereinbar ist. Vor meinen beiden Schwangerschaften war für mich die Einnahme meines MS-Medikaments bis zum positiven Schwangerschaftstest möglich. Dies verlieh mir und natürlich auch meinen Lieben ein Gefühl der Sicherheit. Darüber bin ich sehr dankbar! Ich konnte meine Therapie also bis dahin weiter führen und hatte keinen zeitlichen Stress schwanger zu werden. Bei positiven Schwangerschaftstests habe ich die Therapie abgesetzt und nach dem Stillen wieder begonnen bzw. aktuell stille ich Theo noch, ich werde danach wieder beginnen.
Laut Studienlage ist bekannt, dass eine Schwangerschaft vor Schüben schützt oder das Risiko verringert, deswegen ist eine Medikation während einer Schwangerschaft auch gar nicht nötig. Was meine MS betrifft, so ging es mir in beiden Schwangerschaften sehr gut, ich kann dies also nur bestätigen. Ich hatte keine Schübe, kaum Symptome und musste auch nichts Besonderes wegen der MS beachten. Auch wenn ich zwei völlig unterschiedliche Schwangerschaften hatte – nicht aufgrund der MS, sondern weil jede Schwangerschaft immer wieder anders ist. Fest steht: Seit der Schwangerschaft mit meinem „großen“ Sohn, bin ich schubfrei (mittlerweile also 3 Jahre) und habe keine neuen Läsionen im MRT. Toi, toi, toi, dass es so bleibt! Ehrlich gesagt, vermisse ich oft sogar den Bauch und könnte mir in Zukunft Baby Nummer 3 sehr gut vorstellen. Mein Mann muss nur noch überzeugt werden.
Mein Rat an alle Frauen mit MS: Besprecht bei aufkommendem Kinderwunsch eure Medikation im Vorfeld immer mit eurem Neurologen, weil bei dem Versuch schwanger zu werden nicht jedes Medikament einfach weiter eingenommen werden kann/darf. Und behaltet euch im Kopf: Trotz der Multiplen Sklerose ist es möglich eine Familie zu gründen. Der Traum muss nicht begraben werden. Ich denke, ein wenig Angst oder besser gesagt Respekt vor dieser Angelegenheit ist normal und gehört dazu. Dabei ist es meiner Meinung nach nur wichtig, dass ihr über eure Ängste redet, sowohl mit eurem Arzt als auch mit eurem Partner, Freunden oder der Familie.
Bei der MS heißt es immer „alles kann, nichts muss“ macht euch dies bewusst. Jeder Körper reagiert anders – ob mit oder ohne MS – aber grundsätzlich steht einer Schwangerschaft mit MS nichts im Wege. Wenn du schwanger bist, lass Ängste und Zweifel nicht überhand gewinnen und dir von niemandem etwas einreden. Freu dich auf das kleine Wunder und genieß die Zeit – soweit möglich!
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