Gleichgesinnte mit MS finden


Laut dem Bundesversicherungsamt leben in Deutschland mittlerweile über 252.000 Menschen mit MS und jährlich kommen ca. 15.000 hinzu. Das bedeutet, dass rund 0,3 Prozent der Menschen in Deutschland die gleiche Diagnose teilen. Aber wie findet man diese Menschen, wenn man seinem Wunsch nach dem Austausch mit anderen MS-Erkrankten nachgehen möchte? In dieser Kolumne erzähle ich euch, wie ich neue Menschen mit MS kennengelernt habe und gebe euch Tipps, wie ihr euch in der Community vernetzen könnt.
Für mich persönlich, ist der Austausch mit Gleichgesinnten sehr wichtig. Selbstverständlich ist es schön, wenn Freunde und Familie da sind, mir zuhören und versuchen zu helfen, jedoch bin ich der Meinung, dass andere Menschen mit MS Ängste und Sorgen noch besser nachvollziehen können – schließlich wissen sie, was es bedeutet, mit MS zu leben.
Diagnose MS: Erste Berührungspunkte
Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Diagnose. Ich erhielt sie 2015 und kannte absolut niemanden in meinem näheren Umfeld mit MS. Die einzigen Berührungspunkte: Ein paar MS-Patient*innen während meiner Ausbildung und eine Frau mit MS, die in der Straße meiner Eltern lebte. Das war’s.
Ich war zu Beginn völlig überfordert und begann dann recht schnell nach positiven Berichten von Betroffenen im Internet zu suchen – diese waren aber leider Mangelware.
Nachdem ich mit der Therapie startete, suchte ich mir eine Selbsthilfegruppe, weil ich gerne andere Betroffene kennenlernen wollte. Für mich war das damals leider ein großer Reinfall. Ich war mit meinen 24 Jahren mit Abstand die jüngste Person und für die anderen wohl „nicht schwer genug betroffen“. Ich fühlte mich dort sehr unwohl und tatsächlich waren die meisten dort sehr viel schlimmer betroffen als ich, was mir damals viel Angst machte.
Ich habe es gut sein lassen und war mit der damaligen MS-Zeitschrift gut bedient, da diese auch positive Beispiele portraitierten, was mich aufmunterte.
Eine Begegnung ist mir jedoch im Gedächtnis geblieben: Während meines Schubes 2016 lernte ich eine Frau kennen. Ich war ambulant zur Kortison-Therapie in der MS-Ambulanz und sie war dort aufgrund eines Medikaments. Wir saßen zusammen und unterhielten uns. Sie hatte schon jahrelang MS, war alleinerziehend und nicht so schwer betroffen. Ich war beeindruckt über ihre Lebensgeschichte und ihre Sicht auf die Welt. Ohne es zu wissen, machte sie mir Mut – ich weiß leider nicht, wie sie hieß.
Der Austausch über soziale Medien
Ich war damals auf Facebook angemeldet und suchte mir entsprechende Gruppen mit der Thematik „Multiple Sklerose“ raus. Darin habe ich allerdings nur gelesen und nichts kommentiert. Ich persönlich konnte dort keinen Kontakt zu anderen aufbauen.
Mit der Zeit war es für mich okay, „allein“ mit der MS zu sein – ich war es ja nicht wirklich. Mein Mann, meine Freunde und Familie hörten immer zu und unterstützten mich, wo es nur ging. Aber niemanden ging es ebenso wie mir. Während meiner zweiten Schwangerschaft fing ich auf Instagram an über meine MS zu bloggen, das war Ende 2018. Plötzlich lernte ich viele Betroffene aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz kennen. Ich war mit meiner Erkrankung nicht mehr allein. Mit vielen fing ich an, mich auszutauschen, und es tat mir sehr gut. Immer war online jemand da, um zuzuhören. Menschen mit MS aller Altersgruppen, mit verschiedenen Therapieansätzen oder ganz ohne, unterschiedlich stark beeinträchtigt … da waren sie. Ich bin sehr froh darüber, meine Geschichte auf Instagram geteilt zu haben, weil es mir sehr viel gegeben hat und immer noch gibt. Dadurch bekam ich plötzlich auch die Möglichkeit, an spannenden Projekten teilzunehmen, wodurch ich noch mehr Kontakte knüpfen konnte.
Zwei ganz tolle Menschen möchte ich hier einmal hervorheben: Das ist die liebe Nele und die liebe Micha (siehe Bild mit meinem Baby Theo zu sehen). Das sind zwei wunderbare Frauen, mit denen eine sehr tiefe Freundschaft und Verbundenheit entstanden ist. Mit beiden tausche ich nahezu täglich Sprachnachrichten aus und freue mich sehr darüber, an ihrem Leben teilhaben zu dürfen. Danke, dass es euch gibt.
Die liebe Micha durfte ich bereits zweimal persönlich treffen, mit Nele hat es leider noch nicht geklappt, aber dieses Jahr plane ich es fest ein.
Wenn du Gleichgesinnte suchst, würde ich dir tatsächlich soziale Medien wie Instagram, Facebook & Co. empfehlen. Oder du schaust in deiner Nähe nach Selbsthilfegruppen. Es gibt sicher auch ganz tolle Gruppen, und nicht jeder muss die gleiche Erfahrung wie ich machen. Es kommt auch immer individuell darauf an, was man sucht.
Schau auch mal gerne bei Kevin vorbei, er hat eine Karte erstellt, auf der du andere Betroffene in deiner Nähe finden kannst.
Vertrauenswürdige Informationsquellen
Das Internet ist jedoch nicht immer Anlaufstelle Nummer eins. Wenn es um fachliche Informationen geht, bin ich immer vorsichtig. Nicht alle Infos sind falsch, aber einige schon.
Wenn du Fragen rund um deine MS hast, frag als erstes ganz klar deinen Neurologen oder deine Neurologin. Wenn du fragen zu Medikamenten hast, kann ich den eigens dafür eingerichteten Telefonservice der entsprechend zuständigen Pharmaunternehmen empfehlen. Ich habe das auch schon öfter genutzt und hatte in der Regel immer sehr nette Gesprächspartner, die mir gut weiterhelfen konnten.
Da ich aktuell in der Praxis von meinem Mann arbeite, sehe ich recht häufig MS-Patient*innen. Mit einigen komme ich ins Gespräch und finde es immer sehr interessant, ihnen zuzuhören und sich auszutauschen.
Ich hoffe du hast auch so tolle Menschen mit MS an deiner Seite. Und wenn nicht, helfen dir vielleicht meine Tipps bei der Kontaktaufnahme. Scheue dich auch nicht, jemanden einfach anzuschreiben, der dir sympathisch ist … die meisten helfen gerne.
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