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MS-Kolumne

Diagnose Multiple Sklerose – und der Wunsch Mama zu werden

Nadines Kolumne

2015 sollte ein glückliches Jahr für mich werden – so mein Plan im Januar. Ich fieberte auf meine Hochzeit hin, die im April stattfinden sollte. Eine schöne, aber auch recht stressige Zeit. Hochzeitsvorbereitungen und meinen Job als Krankenschwester im Schichtdienst unter einen Hut zu kriegen, bedürfte einer guten Strukturierung – der Schlaf blieb da das ein oder andere mal auf der Strecke. Aber mit 28 Jahren kann man das „wuppen“, dachte ich mir.

 

Nach einer anstrengenden Nachtschicht im Februar dann das böse Erwachen: Ich hatte das erste Mal Sehprobleme. Waren das doch ein paar Stunden zu wenig Schlaf die letzte Woche? Vielleicht sollte ich den Stress versuchen etwas herunterzuschrauben. Typische, belanglose Gedanken bei dem klassischen Erstsymptom von MS – dem Sehverlust. Am Wochenende dann der Schreck – ich hatte massive Sehprobleme, die immer schlimmer wurden, bis ich schließlich fast gar nichts mehr erkennen konnte. Da stimmte etwas nicht.

 

In der Notaufnahme dann die Diagnose „Sehnerv-Entzündung“ mit einer direkten Vermutung des Arztes, dass MS dahinter stecken könnte. MS. Multiple Sklerose. Da ich als Schwester auf der Neurologie zuständig war, auch wenn ich eher Schlaganfallpatienten betreute, war mir die Krankheit nicht unbekannt. Bilder von extremen Fällen schossen mir durch den Kopf und ich war schnell der Verzweiflung nahe. Ich und MS? Das kann doch nicht sein! Ein paar Tage später nach einem MRT dann die Gewissheit – ich habe MS. Wieso ich? Ich bin doch noch so jung, habe noch so viel vor! Meine Hochzeit steht an, ich möchte Kinder haben. Die Welt brach über mir zusammen. 2015 – ein glückliches Jahr für mich? Von wegen.

 

Die erste Zeit mit dem Wissen nun MS-Patientin zu sein, war für mich ganz schlimm, ich hatte mit einigen Ängsten zu kämpfen. Mit der Zeit fasste ich, dank meines Mannes und meinen guten Ärzten, neuen Mut. Ich habe MS – ja, aber glücklicherweise, anders als einige MS-Patienten meiner Station, einen „guten Verlauf“. Ich kann damit leben UND auch Mama werden. Ich muss meine Träume also nicht auf Eis legen. Ein erster Lichtblick.

 

Nach der Hochzeit begann dann die Achterbahnfahrt der Gefühle. Ich wurde schnell schwanger – im Mai verlor ich mein Kind. Dies wiederholte sich noch zwei weitere Male im Laufe der Zeit. Ich rotierte zwischen Freude, Angst, Enttäuschung und Verlust – extreme Gefühle bestimmten mein Leben. Nach jeder Fehlgeburt, die wohl nichts mit meiner MS an sich zu tun hatten (!), erlitt ich einen Schub. Mein Körper war sehr geschwächt.

 

Ich musste einerseits meine Krankheit bewältigen und andererseits mit meinem Verlust und der damit verbundenen Leere in mir zurechtkommen. Das Gefühl zu versagen, als Frau und auch als Ehefrau, zermürbte mich. Meine Ärzte, die mich immer sehr gut beraten haben, rieten mir erst einmal nicht mehr schwanger zu werden. Und auch mein Mann, der mir seit Beginn an ein positiver und optimistischer Fels in der Brandung ist, beschloss – wir probieren es vorerst nicht mehr. Ich war nicht nur enttäuscht, sondern auch furchtbar wütend. Heute kann ich sagen, es war die einzig richtige Entscheidung!

 

Nachdem ich wieder zu mir gefunden hatte und mein Körper Zeit hatte neue Kraft zu tanken, wurde ich schließlich schwanger mit meinem kleinen Emil, der mittlerweile schon 2 ½ Jahre alt ist. Die Schwangerschaft verlief zwar nicht ganz reibungslos, mir wurde ab Woche 8 Bettruhe verordnet – aber ich nahm es so, wie es kam. Und ich habe meine Schwangerschaft trotzdem genossen, so wie sie war. Und den kleinen Mann am Schluss, nach einem ungeplanten Kaiserschnitt (Probleme mit der Nabelschnur und Beckenlage), im Arm zu halten – das war das schönste Gefühl der Welt! Alle Mamis wissen, wovon ich rede, oder?

 

Werdenden Mamis mit MS und überhaupt allen MS-erkrankten Frauen gebe ich einen Tipp an die Hand, der mir selbst vieles erleichtert hat:

  • Bleibt positiv und verliert nie den Mut! Verwirklicht eure Träume (sofern möglich) und genießt euer Leben, so wie es ist. Der Krankheit sollte in unseren Köpfen weniger Platz eingeräumt werden.
  • Und: Sucht euch gute Ärzte. Ich hatte wahnsinniges Glück mit meinen Ärzten, sowohl den Neurologen als auch meiner Frauenärztin. Sie räumten mit allen Vorurteilen über die MS auf, die ich mir während meiner Schwangerschafts-Bettruhe im Internet angelesen hatte, und gaben mir ein gutes Gefühl. Beispielsweise sind eine natürliche Geburt oder auch das Stillen mit MS möglich. Zwei von vielen Vorurteilen, die durch das Internet kursieren.

 


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