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MS-Kolumne

Den Kindern MS erklären

Nadines Kolumne

Wie und wann erzähle ich meinen Kindern von der MS?
Dies ist eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekomme. Ich kann dir leider keine allgemeingültige Antwort geben, denn jedes Kind und jede Situation ist anders. Ich kann jedoch meine eigenen Erfahrungen mit dir teilen:

Meine MS war vor meinen Kindern da und gehörte bereits irgendwie zu meinem Leben dazu. Während und nach der Schwangerschaft gab es für mich dann erst einmal eine gefühlte „MS-Pause“. Dadurch, dass es mir supergut ging, ich gestillt habe und keine Medikamente eingenommen habe, dachte ich dementsprechend selten an die Erkrankung.
Nachdem ich dann ca. 8 Monate gestillt hatte, begann ich wieder mit der Therapie und war nach 6 Monaten erneut schwanger. Auch hier erging es mir sehr gut. Als das zweite Kind 10 Monate alt war, begann ich wieder die Tabletten einzunehmen. Das große Kind war zu diesem Zeitpunkt fast 3 Jahre alt und sah täglich meine Tabletteneinnahme. 


Neugierig, wie Kinder sind, begann er zu fragen, was ich da nehme. Daraufhin versuchte ich ihm das „Stromkabel-Prinzip“ kindgerecht zu erklären. Ich fing an zu erzählen, dass wir alle im Kopf etwas Ähnliches wie Stromkabel haben, die alle miteinander verbunden sind und dank denen wir Dinge tun können wie Laufen, Fühlen, Greifen usw. Damit die Stromkabel gut funktionieren, müssen diese jedoch intakt sein. (Zur Veranschaulichung kannst du Kindern ein funktionsfähiges Kabel zeigen. Bei uns war es meistens der Toaster mit Kabel, der super in der Steckdose funktioniert). Bei meinen Kabeln geht die Isolation kaputt und damit können die Reize nicht so gut weitergeleitet werden. Die Tabletten helfen also meinen „Kabeln“. 

 

Zwischen Stromkabeln, Tankschläuchen und Infusionstagen
Eine offene und ehrliche Kommunikation mit den Kindern ist mir schon immer sehr wichtig gewesen. Wenn es mir einmal nicht so gut geht und wir deshalb irgendetwas nicht machen können, dann sage ich das ganz ehrlich. Kinder verstehen unglaublich viel und gemeinsam suchen wir uns entsprechende Alternativen. 

 

Als der Große 3 ½ Jahre alt war, hatte ich plötzlich einen Schub. Er bekam zum ersten Mal so richtig mit, was das genau heißt. Er sah, wie ich Knöpfe nicht mehr schließen konnte, ebenso wie meine Kanüle in der Hand für das Kortison. Ich erklärte ihm, dass dies für ein paar Tage ein Anschluss für mich ist, ähnlich wie beim Tanken – er war/ist ein riesengroßer Autofan –, damit ich bzw. mein Körper wieder voll funktioniert. 

Warum ich meine MS offen und ehrlich gegenüber meinen Kindern kommunizieren möchte? Ich persönlich, stelle es mir angsteinflößend für die Kinder vor, wenn ich einen Schub bekommen würde und die Kinder sich die Situation nicht erklären können. Sicher könnte ich die nächsten 10 Jahre Ruhe vor einem Schub haben, genauso gut könnte ich jedoch morgen einen bekommen, wer weiß das schon.

 

Aktuell bekomme ich alle vier Wochen meine Infusion. Den Kindern sage ich dann, dass heute Infusionstag ist. Somit wissen sie, dass ich mein Medikament bekomme und an diesem Tag vielleicht etwas müder bin.
Ich thematisiere die MS nicht gezielt mit den Kindern. Es ergibt sich einfach im Alltag immer mal wieder und dann ist das völlig okay. 

 

Seelische Unterstützung für Kinder 
Wusstest du, dass Kinder von MS-Betroffenen häufig größere soziale Fähigkeiten entwickeln und ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl und mehr Verständnis für Menschen mit Behinderungen oder Erkrankungen als ihre gleichaltrigen Freunde haben? Das kann von vielen Seiten beobachtet werden und stellen betroffene Eltern auch immer wieder selbst fest. Ein offener und verständnisvoller Umgang mit der Krankheit fördert laut Experten sogar das Vertrauen, den Familienzusammenhalt und stärkt die Sozialkompetenz.


Wenn es Kindern an Informationen fehlt oder sie sich ausgeschlossen fühlen, ist es auch nicht selten, dass sie schnell die Rolle des Erwachsenen übernehmen. Sie stellen ihre eigenen Bedürfnisse zurück, sind anpassungsfähig und hilfsbereit. Auf lange Sicht kann das zu einer emotionalen Überforderung führen, die selbstverständlich nicht wünschenswert ist. Die Angst vor dem Verlust des erkrankten Elternteils oder die Enttäuschung über fehlende ,,Aktivitäten“, können außerdem Wut- und Trauergefühle auslösen. Die Kinder trauen sich häufig nicht, diese Gefühle vor den eigenen Eltern auszusprechen, um diese nicht zu belasten.
Es ist daher enorm wichtig für das Kind, eine Bezugsperson zu haben, der es sich anvertrauen kann und mit der es lernen kann, über Gefühle zu sprechen. Die Person könnte zum Beispiel das andere Elternteil sein oder aus dem Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis kommen. Es ist auch absolut okay, sich dabei professionelle Hilfe zu holen. 

 

Kindern Multiple Sklerose erklären – so kann es funktionieren
Zum Schluss möchte ich dir gerne ein paar Beispiele vorstellen, die bei der (kindgerechten) MS-Aufklärung helfen können. 

Die Schweizer haben eine schöne Webseite für schon etwas ältere Kinder entwickelt. Dort findest du unter anderem ein Multiple Sklerose ABC, ein spielerisches Quiz oder Bilder zum Ausmalen.
Webseite: https://www.ms-kids.ch/de/seite/wer-hilft 


Literatur
„Mamas MS heißt Moppi Sums“: Dies ist ein relativ neues Buch bei uns zuhause. Ich kann es dir sehr ans Herz legen. Die MS wird kindgerecht erklärt, ohne Angst einzuflößen. Nach der Geschichte gibt es im Buch noch ein paar Seiten, die entweder vom Kind oder gemeinsam ausgefüllt werden können. Darüber hinaus lädt das Buch meiner Meinung nach dazu ein, in einen wichtigen Austausch zu kommen. Aktuell lese ich es nur mit dem Großen und würde es auch erst für Kinder zwischen 4-5 Jahren empfehlen.

 

„Annas Mama ist super“: Ist ein kleines Kinderbuch, in dem die MS kindgerecht erklärt wird und dich ermutigt, offen über deine Krankheit zu sprechen. Es kann kostenlos bestellt werden.

 

„Mama ist anders gesund - Kindern Multiple Sklerose erklären“: In diesem Buch von Caroline Régnard-Mayer beantworten Florian und sein Drachenfreund Fridolin Fragen über die MS seiner Mama. Das Ziel von Caros Herzensprojekt ist es, betroffene Eltern mithilfe der liebevoll gestalteten Geschichte bei der kindgerechten Aufklärung der Erkrankung zu unterstützen. 

 

Mal- und Erklärheft: Sprechen, Vorlesen, Ausmalen oder Suchen – Ziel dieses Heftes ist es, die Ängste der Kinder vor der unbekannten Krankheit abzubauen und deutlich zu machen, dass sie keine Schuld an der Erkrankung des Elternteils tragen.

 

Ich hoffe, ich konnte dich mit meinen Erfahrungen eventuell dazu ermutigen, einen Weg für dich zu finden, deine Kinder über die MS aufzuklären. Genauso gut kann ich es jedoch verstehen, wenn du erst einmal noch damit warten möchtest. Du kennst dein/e Kind/er schließlich am besten und weißt, was gut für sie ist. 
Alles, was ich sagen möchte, ist: Hab keine Angst davor, den Schritt zu wagen. 

 


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