8 Jahre MS und eine neue Diagnose

Für mich jährt sich meine MS-Diagnose diesen Februar zum achten Mal. Wahnsinn, denn ich erinnere mich besonders an die Anfangszeit. Wie ängstlich, hilflos und unwissend ich mich gefühlt habe. Heute, acht Jahre später, stehe ich mit beiden Beinen fest im Leben.
Diagnose MS – und was sie mit mir machte
Ich bin Mama von zwei wundervollen Jungs, gehe meiner Arbeit nach und mir geht es körperlich und geistig richtig gut. Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe. Ohne die MS wäre ich nicht hier – aber sicher woanders. Unzählige MRTs, Arztbesuche und Therapien liegen hinter mir. Ich bin ruhiger, mutiger und optimistischer, was die Zukunft angeht. Mein letzter Schub liegt ziemlich genau zwei Jahre zurück. Ich habe doch noch den Mut gefunden zu studieren und bereue nichts.
Dass Gesundheit das Wichtigste ist, hören wir immer wieder. Zum ersten Mal wurde es mir richtig bewusst, als ich die Diagnose MS erhalten habe. Zu dem Zeitpunkt hätte ich alles dafür getan, mein altes Leben zurückzubekommen – unbeschwert und gesund. Heute würde ich nicht mehr tauschen wollen. Ich weiß, was Gesundheit bedeutet und gerade dieses Thema machte mir im Dezember die größten Bauchschmerzen.
Auffälliges Blutbild und Arztbesuche
Mein Blutbild ist schon etwas länger auffällig: zu hohe Leukozyten. Ich schenkte dem nicht so eine große Bedeutung, denn es ging mir gut. Mein Mann drängte mich doch dazu, dem ganzen mal richtig auf den Grund zu gehen. Ich machte mir einen Termin in der Deutschen Diagnostik Klinik in Wiesbaden in der Hämatologie/Onkologie und bekam ziemlich schnell einen Termin.
Als ich dort im Wartebereich saß, ständig auf das Schild „Onkologie" starrte und die wirklich kranken Menschen um mich herum wahrnahm, wurde mir etwas mulmig zu Mute. Der Arzt war mir sofort sympathisch und nahm sich sehr viel Zeit für mich. Er sah sich lange meine Laborergebnisse aus den letzten Jahren an und stellte mir viele Fragen. Auch die Untersuchung lief gründlich ab. Er beruhigte mich und sagte, er nehme mir jetzt sehr viel Blut ab, um sämtliche Zellen genauer untersuchen zu können. In circa sieben bis zehn Tagen sollten wir das Ergebnis erhalten.
Ein Anruf und Tage der Ungewissheit
Der Anruf kam genau zwei Tage später, an einem Freitagnachmittag, als ich vor der Turnhalle für das Kinderturnen stand. Der Arzt teilte mir mit, dass er die ersten Ergebnisse vorliegen habe, die er für etwas besorgniserregend hielt. Er bat mich, so schnell wie möglich zur Knochenmarkpunktion kommen. Ich war so erschrocken, dass ich nicht viel von dem Gespräch mitbekommen habe. Auf die Frage, was für einen Verdacht er hätte, bekam ich keine konkrete Antwort. Er wolle etwas Schlimmes ausschließen, berichtete er mir.
Während die Kinder turnten, ging ich drei Häuser weiter zu mir nach Hause. Dort habe ich erst einmal nur geweint. Ich hatte wirklich richtig Angst. Das Wochenende zog sich und meine Gedanken drehten sich nur um das Telefonat. Am Montag rief mich die Sprechstundenhilfe an und fragte, ob ich jetzt gleich zur Knochenmarkpunktion kommen könnte. Ich verneinte, denn ich musste die Kinder aus dem Kindergarten holen. Wir einigten uns auf Mittwoch.
Endlich Gewissheit
Die Knochenmarkspunktion lief gut und ich hatte meine Mama als Begleiterin dabei. Es tat schon etwas weh, aber ich wollte und brauchte die Gewissheit. Die nächsten Tage hatte ich ständig Angst, dass ich eine schlechte Nachricht erhalte. Der Arzt sagte mir, wenn ich bis Weihnachten nichts höre, wäre das ein gutes Zeichen. Außerdem vereinbarten wir für Anfang Januar den nächsten Besprechungstermin. An Weihnachten konnte ich etwas durchatmen, denn ich bekam keine Nachricht.
Meine Freundin passte am 2. Januar. auf die Kinder auf, so dass mein Mann mich zu meinem Besprechungstermin begleiten konnte. Und es gab Entwarnung: Im Knochenmark bilden sich alle Zellen gut – alles in Ordnung. Ich kann es erst einmal ignorieren, soll aber auch ein Auge darauf haben.
Ein Zufallsfund: Das Ullrich-Turner-Mosaik-Syndrom
Bei der Untersuchung kam jedoch ein absoluter Zufallsfund heraus. Etwas, was nichts mit dem auffälligen Blutbild zu tun hat: Ich habe eine Chromosomenstörung. Wohl nicht sehr ausgeprägt, aber sie ist da. Der Arzt erklärte mir, dass die meisten Frauen mit dieser Störung unfruchtbar sind oder eine sehr geringe Chance haben, Kinder zu bekommen. Das würde vielleicht meine Fehlgeburten erklären. Außerdem sagte er mir, dass ich für diese Chromosomenstörung außergewöhnlich groß bin. Mit meinen 1,56 Meter höre ich das nicht oft.
Genau gesagt habe ich das „Ullrich-Turner-Mosaik-Syndrom“. Irgendwie trifft das so überhaupt nicht auf mich zu, aber es ist wohl eindeutig da. Diese Diagnose erklärt rückblickend auch viel für mich.
Was bedeutet die Diagnose für mich?
Neue Arzttermine! Häufig gibt es Herzprobleme, Gefäßstörungen, und Ähnliches. Jährlich soll ich nun zum Kardiologen gehen. Den Punkt habe ich für dieses Jahr bereits erledigt. Es ist alles in Ordnung. Und ja, ich musste die Diagnose ein paar Tage verdauen. Es ist völlig in Ordnung für mich. Ich habe meine Kinder und es ändert nichts an meinem Leben. Es gibt in dieser trubeligen Zeit der letzten Wochen noch eine weitere Überraschung. Die verrate ich euch aber vielleicht in der nächsten Kolumne.
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