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MS-Kolumne

5 Jahre mit MS

Nadines Kolumne

„Ich wünsche mir das neue Handy, plane den nächsten Urlaub und will die teuren Schuhe haben.“ Einen Tag später konnte ich innerhalb weniger Stunden auf dem rechten Auge nichts mehr sehen. Eine Sehnerventzündung und der Verdacht auf Multiple Sklerose, der sich sehr schnell bestätigte. Jetzt hatte ich nur noch einen Wunsch: Gesund sein und zurück in mein altes Leben schlüpfen.

 

Die Diagnose war ein richtiger Schock für mich und meine Familie. Da war ich plötzlich, mitten im Leben, kurz vor der Hochzeit und nun sollte ich unheilbar krank sein? Meine Welt geriet aus den Fugen. Ich hatte Angst vor der Zukunft – meine Träume und Ziele schienen unerreichbar. Ich weinte viel; dieses beängstigende Gefühl, die Kontrolle über meinen Körper verloren zu haben, war nur schwer zu ertragen. Ich dachte, diese Phase vergeht nie. Mein damaliger Neurologe sagte zu mir, es werde dauern, bis ich mir wieder selbst vertrauen könne. Das war hart für mich. Wenn du deinem eigenem Körper nicht mehr trauen kannst, wie willst du dann überhaupt jemand anderem trauen?

 

Ich hatte Probleme, die Diagnose überhaupt zu akzeptieren, suchte ständig Gründe, die meine Diagnose widerlegten und verdrängte, anstatt mich mit der MS auseinanderzusetzen. Im tiefsten Inneren wusste ich aber, ich habe Multiple Sklerose.

 

Nach einigem Hin und Her entschied ich mich schließlich für eine Therapieform. Damit fühlte ich mich sicherer. Du wirst das sicher kennen: Anfangs ist man durch die Informationsflut überfordert – wie soll man sich da entscheiden? Lass dich gut aufklären und schau, was zu dir passt und womit du ein gutes Gefühl hast. Wenn du Fragen hast, wende dich an deinen Neurologen, anstatt selbst im Internet zu recherchieren. Setze dich nicht unter Druck. Wenn ein Medikament nichts für dich ist, ist das nicht schlimm. Sprich mit deinem Arzt, es wird eine andere Möglichkeit geben, damit es dir besser geht.

 

Im selben Jahr erlitt ich einen Schub. Das war kurz nach meiner Fehlgeburt. Ich merkte beim Autofahren, dass etwas nicht mit meinem Bein stimmte. Ich dachte aber nicht weiter darüber nach. Mein Mann stellte abends fest, dass es eine Spastik war. Am nächsten Tag waren die Symptome unverändert. Da brach meine Welt erneut zusammen und ich musste mir wieder vor Augen führen, dass die MS ein fester Bestandteil meines Lebens war. Das MRT zeigte, dass sich neue Läsionen gebildet hatten. Ich zog mich zurück. Ich musste erstmal wieder mit mir selbst klar kommen. Das dauerte.

 

Im Dezember 2015 begann ich dann mit Sportübungen. Mein linkes Bein funktionierte nicht so wie ich das wollte und daran musste und wollte ich arbeiten. Die körperlichen Verbesserungen stellten sich glücklicherweise schnell ein und ich fühlte, wie es mir stetig besser ging. Von da an setzte ich mir täglich kleine Sportziele. Ganz allmählich stieg das Vertrauen in meinen Körper wieder. Mein persönlicher Abschluss war schließlich eine Wanderung in den Alpen im September 2016. Es war anstrengend, mein Bein machte sich ab und zu bemerkbar, aber ich erreichte tatsächlich alle geplanten Etappen. Ich war so stolz auf mich! Und noch ein Gutes hatte dieser Wanderurlaub: Ich dachte viel nach, redete mit meinem Mann über die Krankheit, meine Ängste und Sorgen. Ich konnte eineinhalb Jahre nach der Diagnose endlich meinen Frieden mit der Krankheit schließen. Das war ein großer Wendepunkt in meinem Leben. Drei Tage später hielt ich außerdem einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand und diesmal ging alles gut. Ich hatte seither auch keinen Schub mehr und lediglich eine neue Läsion im Gehirn ist dazubekommen. Je weiter der letzte Schub sich entfernt, desto sicherer fühle ich mich.

 

Natürlich ist die Krankheit noch da; ich merke sie und kämpfe mit alten Symptomen, mal mehr mal weniger. Aber – und das ist wirklich wichtig – die Krankheit brachte nicht nur Schlechtes! Sie zeigte mir meine Grenzen, lehrte mich auf mich zu hören, dankbar für gute Tage zu sein und im Hier und Jetzt zu leben. Es gibt noch ein paar wenige Tage, an denen sie mir Angst macht. Das ist normal und in Ordnung.

 

Heute kann ich dir sagen, ich bin glücklich. Die Diagnose ist nicht mehr so präsent wie zu Anfang. Meist denke ich gar nicht darüber nach. Ich lebe mein Leben wieder und habe Träume und Ziele.

 

Wenn du am Anfang deiner Diagnose bist, gib dir Zeit. Du darfst weinen, traurig und wütend sein. Es gehört dazu. Und dann wird es besser.

 


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